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Öffentliche und touristische BautenSport, Freizeit und Erholung

Wassersportzentrum Lang

Holzbaupreis Burgenland | Nominiert 2020 | Öffentliche und touristische Bauten

Daten zum Objekt

Architektur und Funktion Der Mörbischer Nordhafen stellt einen der schönsten Plätze des Neusiedler Sees dar und beheimatet seit 50 Jahren das Schulgebäude der Segelschule Lang. Damit ist sie die älteste und traditionsreichste Segelschule am Neusiedler See. Zahlreiche SegelschülerInnen kommen im Rahmen von Schulsportwochen zum ersten Mal in Kontakt mit dem Segel- und Surfsport und bleiben diesem oft ein Leben lang erhalten. Alleine im Jahr 2019 waren es mehr als 500 Kinder und Jugendliche aus dem gesamten deutschen Sprachraum und darüber hinaus, welche die Segelschule Lang und Mörbisch am See im Rahmen von Schulsportwochen besucht haben. Neben den Schulsportwochen werden als Wochen- oder Wochenendkurse geführte Segel- und Surf Ausbildungen für alle Altersgruppen geboten, sowie ein sportliches Ferienprogramm für Kinder von 6-14 Jahren. 2014 kam zusätzlich die Möglichkeit dazu, die Ausbildung zum amtlichen Schiffsführerpatent direkt bei der Segelschule Lang zu absolvieren. Da in den bestehenden Gebäuden kein zeitgemäßer Segelschulbetrieb durchgeführt werden konnte, entschlossen sich die Bauherren für eine komplette Neuerrichtung des Segelschulgebäudes und der angrenzenden Steganlagen. Zusätzlich zum Segelschulbetrieb sollte auch ein Restaurant im Obergeschoss vorgesehen werden. Weiters hatten die Betreiber einen hohen Anspruch auf architektonische Qualität des neuen Gebäudes und führten einen geladenen Architektenwettbewerb durch. Grundlagen für den Planungsprozess waren die funktionalen Anforderungen an den Betrieb der Segelschule, der Wunsch nach einer erweiterten touristischen Nutzung des Segelschulgebäudes und die architektonische Zielsetzung, das Gebäude bestmöglich in die Landschaft des Neusiedler Sees mit seiner einzigartigen Fauna und Flora einzugliedern. In enger Abstimmung zwischen Architekt, Bauherr und dem Weltkulturerbe-Beirat wurde ein Gebäude entwickelt, das die neuen Anforderungen des Betriebes im Gleichklang mit der Landschaft und der Seeuferzone vereint. Das erforderte ein sensibles Herangehen hinsichtlich der Kubatur und auch der Materialwahl. Um Ressourcen zu sparen, wurde das Projekt auf zwei Ebenen konzipiert, um sämtliche erforderliche Raumanforderungen unterzubringen. Die Segelschule besteht aus zwei Gebäudeteilen, welche auf dem Plateau im See angeordnet sind. Einem zweigeschossigen Baukörper, dem Hauptgebäude, und einem eingeschossigen Nebengebäude. Durch die Staffelung vom zweigeschossigen Baukörper hin zum eingeschossigen Baukörper konnte u.a. auch die Mächtigkeit der in der Nähe befindlichen Seebühne entschärft werden. Durch die Abstufung der Höhenentwicklung fungiert die Segelschule als „Puffer“, welcher für einen sanften Übergang zwischen der enormen Höhe der Seebühne und der niedrigen Seehütten im Seeuferbereich sorgt. Im Erdgeschoss des Hauptgebäudes sind sämtliche für den Segelschulbetrieb erforderlichen Räume untergebracht. Im Obergeschoss wurden ein Restaurant mit Gastraum, Küche und ein Lagerraum geplant. Ein wesentlicher Bestandteil des Restaurants ist eine dreiseitig umlaufende Terrasse welche zum Wasser hin orientiert ist. Ein auskragendes Dach stülpt sich sowohl über das Gebäude, die Zugangsflächen wie auch die Terrassen. Der Holzbau wird auch im Dachbereich durch die sichtbare Trägerlage spürbar. Außerdem wurde der Gastraum mit einer transparenten Fassade zur vorgelagerten Holzterrassenfläche ausgeführt, wodurch der Innenraum mit dem Außenraum verschmilzt. Durch die Lage direkt im See eröffnet sich von der Terrasse aus ein unvergleichbares Panorama mitten im Naturschutzgebiet in die Weite des Sees. Auch in Richtung Westen wurde eine kleinere Terrassenfläche geplant, um die Abendstimmung erleben zu können. Die vertikal versetzen Rundstäbe der Geländerkonstruktion um das Plateau des Obergeschosses sind eine Analogie an die Schilfrohre im angrenzenden Uferbereich. Auch die Holzfassade und die Alu-Stehfalzfassade greifen die Vertikalität des Schilfgürtels auf. In dem eingeschossigen Nebengebäude, welches mittels transparenten Rollgittertoren abgetrennt werden kann, sind alle für den Segelschulbetrieb erforderlichen Gerätschaften wie Surfboards, Segel und Taue untergebracht. Vom Raumangebot umfasst das Segelschulgebäude neben den Büroräumlichkeiten der Segelschule und dem Schulungs- und Unterrichtsbereich auch geeignete Aufenthaltsräume für MitarbeiterInnen, Tagesgäste und SchülerInnen sowie Bereiche für die Lagerung von Surfund Segelmaterial. Von der Außenerscheinung und der Materialität wurde versucht, das Gebäude bestmöglich in das Ensemble des Steppensees zu integrieren. Neben Blechen in Schlammfarben und Putzen in gedeckten, der Umgebung angepassten Farbtönen, wurden vorvergraute Holzfassaden ausgeführt. Aus Landschaftsschutzgründen wurden auf haustechnische Anlagen auf den Dächern und großflächige Sonnenschutzmaßnahmen verzichtet. Weiters wurden im Zuge der Planung, in enger Abstimmung mit der biologischen Station Illmitz, Konzepte zum Schutz der Fauna und Flora erarbeitet. Dieses außergewöhnliche Projekt wurde durch ein interdisziplinäres Planungsteam aus Architekten und Ingenieuren in enger Abstimmung mit den Bauherren, welche ebenfalls ihre Erfahrungen mit dem „Bauen am See“ einbringen konnten, realisiert. Seitens der Architekten Halbritter u. Halbritter ZT GmbH wurde das Projekt von Arch. DI Hans Peter Halbritter, DI Barbara Katter, DI Andreas Sommer und DI Christoph Sulyok geplant und betreut. Technische Umsetzung und Konstruktion Ein zweigeschossiges Holzgebäude, 80 m von der Uferkante entfernt über der Wasserfläche des Neusiedler Sees zu errichten stellt große Anforderungen an die gesamte Planung, von der Architektur, über die Statik bis hin zur Bauphysik und der Gebäudetechnik. Aufgrund der Holzbautradition der Familie Lang war von den ersten Planungsschritten weg bereits klar, dass es sich beim Neubau der Segelschule nur um einen Holzbau handeln könne. In enger Abstimmung zwischen der Architekten Halbritter u. Halbritter ZT GmbH und den weiteren Fachplanern wurde versucht, die architektonischen Vorgaben bestmöglich in ein ausgeklügeltes statisches Konzept und in effiziente Bauteilaufbauten umzusetzen. Bei der Realisierung des Bauvorhabens wurde aufgrund der Größe, der Lage und dem gewünschten Maß an technischer Ausstattung absolutes Neuland in architektonischer und technischer Hinsicht betreten, was eine Vielzahl an Neuentwicklungen und ein großes Maß an Innovationsgeist verlangte. Die Tatsache, dass es sich bei dem Gebäude um eines der größten zweigeschossigen Holzbauwerke im Neusiedler See handelt, welches noch dazu ohne jegliche duktile Pfähle, auf einer klassischen Holz-Pilotierung errichtet wurde, forderte neue Ansätze in Planung und Statik. Der Schlüssel zum Erfolg dieses Projektes lag in der Zusammenführung von seit Generationen überliefertem Wissen über die Errichtung von Holzbauten am Neusiedler See, mit zeitgemäßen Zimmererhandwerk und projektspezifischen Neuentwicklungen und Innovationen. Eine große Herausforderung stellte die Fundierung des Gebäudes dar, welche mit gerammten Holzpfählen umgesetzt wurde. Im Wesentlichen wurde zwischen den Pfählen unter dem Gebäude und den Pfählen für die Steganlage unterschieden. Die Pfähle unter den Gebäuden sind mit Stammdurchmessern im unteren Pfahldrittel von > 31,5 cm, im Bereich der Steganlage je nach Belastung mit Durchmesser > 25,5-28,5 cm bemessen worden. Als Material für die Pfähle wurden entrindete Lärchenholzstämme eingesetzt. Zum Erreichen einer hohen natürlichen Dauerhaftigkeit wurden gesunde Rundholzstämme mit geringer Jahrringbreite verwendet. Zusätzlich wurde darauf geachtet, dass die Stämme praktisch gerade und nicht drehwüchsig sind, sowie eine geringe Abholzigkeit aufweisen. Die Pfähle wurden, nach Auskunft der ausführenden Firmen, rund 1,5 m tief in den Untergrund gerammt. Das Eintreiben der Pfähle erfolgte mittels Ramme auf Bagger. Gearbeitet wurde von einem Schwimmponton auf dem Wasser, welcher für die Positionierung und den Rammvorgang der Pfähle abgestützt wurde. Auf den Holzpfählen wurde ein Trägerrost aus bis zu 30 cm hohen Vollholzquerschnitten aufgelegt. Als konstruktiver Witterungsschutz für die Pfahlköpfe wurden entsprechende Pfahlkopfabdeckungen vorgesehen. Im Bereich direkt unter dem Segelschulgebäude wurde aus statischen Gründen eine Massivholzdecke aus kern- und splintholzfreien Lärchenholzquerschnitten vorgesehen, bei welcher die einzelnen Holzquerschnitte in Nut-Feder-Bauweise miteinander verbunden wurden. In Wassernähe wurde aus Gründen der Dauerhaftigkeit gänzlich auf Leimholzbauteile verzichtet. Die Tragkonstruktion des Gebäudes selbst wurde aus einer Kombination aus Holzriegel- und Massivholzbauweise errichtet. Die Außen- und Innenwände wurden in weiten Teilen als ausgedämmte Holzriegelwände errichtet. Die aussteifenden Bauteile und der Aufzugsschacht wurden aus Massivholzbauteilen ausgeführt. Zur Realisierung von großflächigen Verglasungsflächen im Obergeschoss wurde eine Konstruktion aus Stahlsäulen und Windverbänden verwendet. Die Dachkonstruktion wurde aus 12 m langen und 4 m auskragenden Leimbindern realisiert, welche die ausgedehnten überdachten Terrassenflächen ermöglichen. Technisches Neuland wurde ebenfalls im Bereich der Haustechnik betreten. Neben der hydraulischen Aufzugsanlage sticht vor allem das Vakuum-Entwässerungssystem hervor. Um WC Anlagen im Segelschulgebäude ausführen zu können, wurde ein Vakuum-Entwässerungssystem verbaut, welches sonst meist nur in Zügen und Flugzeugen verbaut wird. Die Abwässer fließen im natürlichen Gefälle in Übergabetanks, von welchen sie in Unterdruckleitungen über die gesamte Steglänge zum Land hin abgesaugt werden. Dieses System stellt eines der modernsten und sichersten Abwassersysteme dar, welches bisher am Neusiedler See verbaut ist. Ein besonderes Augenmerk wurde auf den Einsatz natürlicher Baustoffe gelegt. Neben der Pfahlfundierung und der Pilotierung für die Stege und Bootsanlageplätze, für welche insgesamt 555 Lärchenholzpiloten aus heimischem Holz verbaut wurden, sind bei dem Bauvorhaben ca. 453 m³ Holz verbaut worden. Dies ergibt ein CO2 Speichervolumen der eingesetzten Holbaustoffe von ca. 453 t CO2. Bei allen eingesetzten Holzbaustoffen wurden weitestgehend heimische Holzprodukte bevorzugt. Das charakteristische Erscheinungsbild der Segelschule wird durch die großflächige Lärchenholzfassaden geprägt, von welchen insgesamt 630 m² verbaut wurden. Auf den Stegflächen und Terrassen wurden weiters 790 m² Lärchenholzbeläge verbaut. Ausführungsphase und Montage Eine wesentliche Herausforderung des Projektes war die Montage des Rohbaus vor Ort, die vom Holzbau & Zimmerei Unternehmen Gollubits übernommen wurde und zu Wasser, zu Land und in der Luft erfolgte. Nachdem das alte Gebäude und der dazugehörige Steg nicht mehr dem Stand der Technik entsprochen haben, nicht zeitgemäß waren und abgerissen wurden, musste zunächst ein neuer Steg gebaut werden – und das bei großer Kälte von bis zu –10° C. Der neue Steg besteht aus 555 Piloten, die das Fundament des neuen zweigeschossigen Gebäudes bilden. Material wurde dabei unter anderem mit Booten und Floßen an ihren Bestimmungsort gebracht. Die am Unternehmensstandort der Firma Gollubits in Eisenstadt gefertigten Holzteile wurden dann zunächst per Tieflader an die Baustelle nach Mörbisch geliefert. Aufgrund der Lage des neuen Gebäudes am Ende des Stegs im Wasser, konnten die Holzteile nicht wie üblich per Kran an ihren Bestimmungsort geliefert werden. Somit war man bei der Montage auf Unterstützung aus der Luft angewiesen. Denn nur mit einem Helikopter konnte die schwierige Montage fortgesetzt werden. Aber auch damit waren wieder viele Herausforderungen verbunden. Der Zeitdruck für die Montage per Helikopter war entsprechend groß, da auf die Vogelbrutzeiten am Neusiedler See Rücksicht genommen werden musste. Während dieser Zeit ist es verständlicherweise nicht möglich Montageflüge mit dem Helikopter durchzuführen. Ein weiteres Problem waren die schlechten Wetterbedingungen an den ersten beiden Montagetagen. Windspitzen von bis zu 30 km/h und böiger Wind machten dem Piloten und dem Montageteam am Boden die Arbeit besonders schwer. Als weitere Erschwernis kam noch das schiere Gewicht der einzelnen Holzteile von bis zu zwei Tonnen hinzu. Dennoch konnte das fast 40-köpfige Team diese Herausforderung meistern und nach einem weiteren Tag den Rohbau der neuen Segelschule in Mörbisch in insgesamt nur drei Tagen Montagezeit fertigstellen.