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Weiterbau (Aufstockung, Sanierung, Revitalisierung, ...)Wohnbauten

Haus Sarah

Holzbaupreis Burgenland | Nominiert 2020 | Weiterbau (Aufstockung, Sanierung, Revitalisierung, ...)

Daten zum Objekt

Standort

Neudörfl

Bauherr

Caritas der Erzdiözese Wien (Caritasverband)

Planung

Trimmel Wall Architekten ZTGmbH

Holzbaubetrieb

Graf Holztechnik GmbH

Statik

Dipl.Ing. Klaus Frager

Fertigstellung

2018

Im burgenländischen Neudörfl, Hauptstraße 154, befindet sich das Haus Sarah. Das denkmalgeschützte ehemalige Esterhazy Schloss wird von der Caritas als Heim für  unbegleitete Jugendliche Flüchtlinge genützt. Während der Haupttrakt sowie provisorische Container im Innenhof bereits vor den Umbau- und Sanierungsmaßnahmen Flüchtlingen Raum boten, war der Mühlentrakt in sehr schlechtem Bauzustand und wies erhebliche statische Mängel auf. Die unbegleiteten Jugendlichen wohnten in provisorischen Containern, die  ihre Lebensdauer bereits überschritten hatten. Der sanierte Mühlentrakt mit ausgebautem Dachgeschoß bietet den Flüchtlingen nun eine dauerhafte Unterkunft. Im  Erdgeschoss des Mühlentraktes sind eine Wohneinheit und Allgemeinräume wie Multifunktionsraum und Seminarräume untergebracht. Die Zimmereinheiten im Obergeschoß sind zum Innenhof und zum ehemaligen Mühlbach orientiert und durch einen Mittelgang erschlossen. Die Gemeinschaftsräume mit Wohnküche sind durchgesteckt angeordnet und gewährleisten eine gute Belichtung der Aufenthalts- und Erschließungsbereiche. Im Dachgeschoß steht ein großer multifunktionaler Raum mit einer Küche und zwei Sanitäreinheiten zur Verfügung. Um das gesamte Gebäude barrierefrei zu erschließen wurde ein Aufzug im zentralen Eckbereich zwischen Haupt- und Mühlentrakt errichtet. Die Haupterschließung des Mühlentraktes erfolgt jedoch durch das neu errichtete Stiegenhaus am anderen Ende. Die Nutzung des Gebäudes als Flüchtlingsheim ist ständigen Veränderungen ausgesetzt. Diese waren in allen Projektphasen spürbar. Schon der Ausgangspunkt, dass die geflüchteten Minderjährigen jahrelang in provisorischen Containern lebten und man ihnen nun eine Unterkunft von Dauer bieten wollte, zeugt von diesen unsteten Bedingungen der letzten Jahre. Um diesen Veränderungen Raum zu geben, wurde der Mühlentrakt flexibel gestaltet. So können in dem großen Multifunktionsraum im Dachgeschoß bei Bedarf 10 weitere Zimmer eingebaut werden. Derzeit kann der Raum aber auch für Veranstaltungen oder in Notzeiten als großer Schlafsaal genutzt werden. Im Stiegenhaus wurden die Fenster so platziert, dass man eine Verbindung zu einem möglichen weiteren Zubau schaffen kann. Die Seminarräume im Erdgeschoß wurden bewusst vom restlichen Gebäude entkoppelt und mit einem separaten Zugang ausgestattet, um die Räumlichkeiten auch vermieten zu können. Eine weitere wichtige Anforderung an die Sanierung war der bestehende Denkmalschutz des Gebäudes. Eine vor dem Umbau beauftragte bauhistorische Untersuchung zeigte die lange Geschichte des sogenannten Esterházysche Kastells. Die Grundsteine des Gebäudes wurden 1650 gelegt. Der nun umgebaute Trakt war ursprünglich eine Mühle, die an einem heute ausgetrockneten Bachbett situiert wurde. Bei der Sanierung wurde darauf geachtet, diese frühere Nutzung wieder sichtbar zu machen. So wurden die vier Grindel-Öffnungen (zum Betreiben der Mühlräder) und eine Einbringöffnung im Obergeschoß an der Ostfassade sichtbar gemacht. Als Reminiszenz an den Bach ragen die Terrassen im Erdgeschoß wie Holzstege über Wasser unterschiedlich weit in das mit Wiesenblumen begrünte Bachbett hinein. Die Kastenfenster wurden erneuert und ein erhaltenes historisches Barockfenster restauriert. Der Aufzug wurde ohne Überfahrt hergestellt damit er nicht aus der Dachhaut herausragt. Die Dachflächenfenster wurden hinter keramischen Lamellen – sogenannte Baguettes – „versteckt“ und farblich den Dachziegeln angepasst. Das Stiegenhaus wurde bewusst von der Fassade des Altbestandes abgesetzt. Die Holzkonstruktion des Daches wurde der flexiblen Nutzung des Dachgeschoßes angepasst. Es wurde ein Zangendach errichtet und störende Stützen im Innenraum vermieden. Für  einen späteren Umbau wurde ein Holzstaffelboden mit OSB-Platten als Belag eingebaut. Die originalen Holzgesperre wurden teilweise als Windverband in der neuen Dachkonstruktion wiederverwendet. Die Bundträme wurden zur Gänze entfernt. An der Fassade des Stiegenhauses wurden Holzlamellen über Türen, Fenster und Dach gezogen. Die Holzlamellen wurden auf einer Stahlunterkonstruktion montiert und als zweite Schale vor die Fassade gestellt. Hinter den Holzlamellen verdeckt, verlaufen Regenabfallrohr und Hängerinne. Um die Wirkung der Holzlamellen zu verstärken, wurde die Stahlkonstruktion dunkel beschichtet und auch die Fassade dunkel verputzt.